Deshalb standen beim diesjährigen Symposium des Fördervereins St. Vincent Hospiz im Mannheimer Theresienkrankenhaus die Angehörigen mit ihren Belastungen und Unterstützungsbedarfen im Mittelpunkt.
Wie stark die psychische Belastung von Angehörigen ist, wurde im Vortrag von Anneke Ullrich, Leitende Wissenschaftlerin und Psychoonkologin am Hamburger Universitätsklinikum, deutlich. Sie reicht von Angst und Traurigkeit bis zur Depression. In einer Studie hatten 95 Prozent der Befragten eine klinisch relevante Belastung. Aber nur 25 bis 30 Prozent nehmen ein Unterstützungsangebot in Anspruch. "Wir können alle besser darin werden, Angehörige über solche Angebote zu informieren", so Ullrich.
Eine weitere Befragung ergab, dass es für 81 Prozent der Angehörigen sehr wichtig sei zu spüren, dass es Hoffnung gebe - dieses Bedürfnis wird aber meistens nicht erfüllt. "Auch, wenn eine Heilung nicht möglich ist, kann noch auf vieles gehofft werden", sagte Ullrich. "Die Hoffnung auf ein Wunder sollte man tolerieren, sie ist zutiefst menschlich. Aber an deren Stelle können andere, realistische Hoffnungen treten, die Trost spenden." Beispielsweise noch möglichst viel kostbare Zeit miteinander zu verbringen.
Anschließend erzählte Karl-Heinz Westermann, der 25 Jahre lang als Klinikseelsorger an der Universitätsmedizin Mannheim tätig war, von seinen Erfahrungen. "Angehörige sind die Experten für das Beziehungssystem in ihrer Familie", sagte er und forderte dazu auf, im Umgang mit ihnen demütig zu werden und sich die Zeit zu nehmen, die Wahrheit der Angehörigen zu verstehen. Auch sei es sehr wichtig, ethische Fragen zu begleiten, zum Beispiel, wenn es um Schuldgefühle gehe, und auf religiöse Bedürfnisse einzugehen. "Rituale wie die Krankensalbung sind wichtig, um den Übergang vom Leben in den Tod zu begleiten."
Über Resilienz und wie man diese fördern kann, sprach Tatjana Hartmann-Odemer, Supervisorin und Coach. Für pflegende Angehörige seien Selbstfürsorge, die Akzeptanz der eigenen Grenzen, Achtsamkeit, aber auch der Austausch mit anderen wichtige Faktoren. Gute Erfahrungen habe sie auch mit dem täglichen Schreiben über Gedanken und Gefühle gemacht, um so Belastungen zu verarbeiten. "Resilienz ist nicht das Fehlen von Schwierigkeiten, sondern die Fähigkeit, mit ihnen gesund umzugehen."
Im Anschluss daran moderierte Karsten Kammholz, Chefredakteur des Mannheimer Morgen, eine Podiumsdiskussion mit den Vortragenden, einem Angehörigen sowie Expertinnen aus der Hospizarbeit des Caritasverbands Mannheim.
Von seinen Erfahrungen als Betroffener berichtete Clemens Herrmann, dessen Frau 2016 im Hospiz St. Vincent verstarb. Auch ihm habe damals ein unterstützendes Netzwerk gefehlt. Dass die Hospizhilfe so eines sein könnte - daran dachte er nicht, denn Hospiz verbinden die meisten mit dem Sterben. "Ich hatte keine Ahnung, was im Hospiz auf mich zukäme." Dass die verschiedenen Formen der Hospizhilfe - von der ambulanten Begleitung über das Tageshospiz bis hin zur stationären Einrichtung - schon viel früher unterstützen können, wurde in der Diskussion deutlich.
"Wir wünschen uns, dass die Menschen früher zu uns kommen", sagte Petra Waßmer, Leiterin des Caritas-Tageshospizes. "Wir erleben, dass bei den Angehörigen eine unglaubliche Erleichterung auftritt, dass sie entlastet werden. Sie haben immer die Möglichkeit, auf uns zuzugreifen - das hilft." Das Team unterstützt zum Beispiel bei der Hilfsmittelversorgung. Die bürokratischen Hürden in diesem und weiteren Punkten hatte Clemens Herrmann als zusätzliche Belastung erlebt. "Wir gehen auf jeden Angehörigen individuell ein. Gleichzeitig ermöglichen wir ihnen eine Auszeit", ergänzte Melanie Ratz, Leiterin von zwei stationären Hospizen.
Clemens Herrmann berichtete von den guten Erfahrungen, als seine Frau schließlich ins Hospiz kam. "Wir fühlten uns sofort angenommen." Bis heute erinnert er sich daran, wie er als Angehöriger einbezogen wurde: "Es gab ein gemeinsames Abendessen, und mir wurde wie selbstverständlich ein Teller hingestellt und ein Bier angeboten." Sein Schlusswort: "Es ist eine segensreiche Einrichtung."